Queer Dance Camp Berlin 2014

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Queer Dance Camp Berlin 2014Die Idee kam von Gergely: Ein Trainingscamp für Equality-Paare. Die Idee hatte er mitgenommen von einem Trainingscamp in Ungarn, an dem er als Trainer dabei war. Mein Bild von einem Trainingscamp war vor allem von solchen für die Jugend geprägt, die zu einer Zeit, zu der ich noch gemütlich frühstücke, schon über das Tempelhofer Feld laufen und abends, wenn ich bereits mit dem Espresso nach der Pizza entspanne, immer noch Kicks im Jive üben. Hmmm….aber die Idee, mit TrainerInnen unseres Vereins sowie TrainerInnen von außerhalb, denen allen gemeinsam ist, dass sie einen Namen im gleichgeschlechtlichen Tanzen haben, die war einfach gut.


Richtig verrückt wurde es aber erst mit der Idee, das Camp am letzten Wochenende vor Weihnachten durchzuführen. Das ging natürlich gar nicht – dachte ich. Da sind doch die einen noch im beruflichen Jahresabschlussstress, die anderen immer noch im weihnachtlichen Einkaufsstress und der Rest ist schon in Urlaub. Aber wiederum war die Idee, zum Abschluss des Camps im café fatal eine Show aufzuführen, doch auch sehr charmant. Und das ging eben nur an diesem Wochenende, an dem die traditionelle pinkballroom-Weihnachtsshow terminiert ist…..

Also gut, einen Versuch war das eindeutig Wert. Gergely und ich sprachen als erstes die TrainerInnen an. Und deren positive Reaktion war auch schon einfach schön – da war so was wie Begeisterung zu spüren von Anna Moosmann & Oliver Seefeldt, Gergely Darabos, Pascal Herrbach & Christian Wenzel und Magaryta Vyshetravska. Mit einem für TänzerInnen unüblichen Langmut haben sie auch die ein oder andere organisatorische Kehrtwendung mitgemacht. Danke dafür!!

Und dann hatten wir das Programm. Kaum hatten wir dieses auf die Website gestellt, da kam schon in gefühlten Milli-Sekunden die erste Anmeldung. Am anderen Ende dieser Republik wollte mensch unbedingt mit anderen gleichgeschlechtlichen Paaren zusammen trainieren. OK, in diesem Rhythmus ging es nicht ganz weiter, und kurz vorher wussten auch einige noch nicht, ob sie überhaupt können…..ob sie nur Standard tanzen …..oder ggf. doch auch Latein mit XY oder, oder, oder… Aber am Freitag startete es mit gut 30 Personen. Das waren übrigens beileibe keine 15 Paare – sondern diese Personen taten sich in der mathematisch maximal möglichen Anzahl von (Tanz-)Paarungen zusammen. Einige verabredeten sich – die anderen kamen einfach zu den einzelnen Trainings und guckten, wer sonst noch alleine da war. Am Ende hat keineR alleine trainiert.

Und haben wir was gelernt? Ja, und wie!!! Alle TrainerInnen hatten ein Oberthema „Führen & Folgen“. Die einen erklärten detailliert und fachlich ausgefeilt wenig mehr als drei Schritte in der Rumba und die Verbindung zwischen den Paaren, die sich aus der korrekten Abarbeitung ergibt, die anderen vermittelten das Gefühl des „von Tauben getragen werden“ im Walzer und wie sich das gemeinsame Tanzen damit ganz leicht anfühlt. Vermeintlich „einfache“ Lehrinhalte erfrischten die bisweilen angestrengten Hirne: „Der Boden ist Dein Freund.“, „Pinguin nein, Langlauf ja.“. Die aufmerksamen TänzerInnen konnte eine gewisse Analogie erspähen zwischen der ständig aufrecht zu haltenden Connection in Latein mit dem ebenso ständig dem Gegenüber zu gebenden Gewicht in Standard. Unterschiedliche Lehrmeinungen zu den Shapes der Führenden und Folgenden wurden erklärt - und uns TänzerInnen die Wahlfreiheit gelassen. Bei der Vielfalt der Themen und des pädagogischen Ansatzes war für jedeN was dabei.

Hatten wir Spaß? Jaaa!!!! Da war viel Begeisterung im Raum – bei den TrainerInnen wie bei den TänzerInnen. Spaß hatten auch die „Schwänzenden“, die den erstaunlich vielen Aktiven beim „echt russischen“ Warm-Up zusahen. Spaß hatten wir auch bei der Salsa-Rueda – vor allem bei den erstaunlich seltenen Vertuern. Das war ein schönes Miteinander.

Das Camp abgeschlossen wurde mit der Weihnachtsshow im café fatal (SO 36). Das anfängliche Chaos bei der Generalprobe konnte bis zum echten Auftritt gebändigt werden. Dank des Engagements von Gergely, der Durchsetzungskraft von Andrea und der Professionalität und Flexibilität einzelner TänzerInnen klappte alles super: Die Piratenshow von Tania & Ines begeistert immer wieder aufs Neue, die Rumba von Ulrike & Kristin geht einfach ans Herz, der Tango von Steffi & Simone war schlicht cool, bei der Samba (Choreographie von Gergely) war echt was los, der Walzer (Choreographie von Gabriella Davis) rührte das Publikum, und eine Sabine kann auch mit „Nichtstun“ ganz alleine auf der Bühne das Publikum fesseln, bevor alle sich im Jive austoben.

Jetzt ist das Camp vorbei, wir sind glücklich und zufrieden und widmen uns nun dem beruflichen Jahresabschlussstress, dem weihnachtlichen Einkaufsstress und fahren in den verdienten Urlaub.

Und danach planen wir bei pinkballroom das nächste Queer Dance Camp.

Text: Kerstin Kallmann