Doch zunächst ein Blick zurück auf den dritten Tag der ersten Equality-Tanzsport-WM in Lateinamerika.
Nachdem der zweite Tag um einiges geregelter, übersichtlicher und logischer abgelaufen war als der erste und sich dessen gröbste Schnitzer nicht wiederholt hatten, war die Hoffnung da, dass sich am dritten Tag alles eingespielt haben würde und und wir am Abschlusstag vielleicht doch noch ein richtiges Tanzfest erleben könnten.
Tatsächlich war es am dritten Tag auf einmal da, das gewisse Kribbeln in der Luft, das jenen Turnieren zueigen ist, bei denen es nicht nur um Meisterschaftsehren geht, sondern auch abzusehen ist, dass es nicht für alle Paare Medaillen geben wird, die darauf spekulieren bzw. nicht für alle, denen man welche gönnen würde.
Um aber nicht falschen Hoffnungen Vorschub zu leisten, sei an dieser Stelle direkt festgestellt, dass dies nichts mit einem kleinen Wunder in der Turnierleitung, beim Moderationsteam oder den Volunteers zu tun hatte, sondern allein an den auf dem Programm stehenden Turnieren, den daran beteiligten Tanzpaaren und den dazugehörigen Fans lag.
Aus deutscher Sicht war es ein Großkampftag. Zu den beiden Allroundpaaren mit je mindestens einem Turnier pro Turniertag kamen nun die drei reinen
Lateinpaare des DVET hinzu, und für alle standen die Lateintänze auf dem Programm.
Bei den Senioren holten die Titelverteidiger von 2018, Simone Biagini und Thomas Bensch, relativ locker ihre drittes Gold in Guadalajara und machten damit auch einen "lupenreinen WM-Hattrick" perfekt. Während ihre Performance in der Lateinsektion am Zehntänzetag noch etwas blockiert erschien, war sie am Abschlusstag souverän. Mit drei Titeln bei drei Starts wurden sie das erfolgreichste Männerpaare im "International Style" dieser Gay Games.
Vergleichbar erfolgreich schnitten in der Hauptgruppe der Frauen Miriam Meister und Angela Pikarski ab. Zweimal Gold und zweimal Silber bedeuten auch für dieses Paar jede Menge zusätzliches Gewicht für die Heimreise und dazu den inoffiziellen Titel "erfolgreichstes Frauenpaar der WM 2023". Der abschließende Gewinn der Silbermedaille im Lateinturnier war dabei wenig spannend und reine Formsache. Wie sämtliche Frauenturniere dieser Gay Games litt auch dieses ganz besonders unter geringen Meldezahlen. Zu gerne hätte man als Zuschauer gesehen, wie die Latein-Europameisterinnen Marina Hüls und Magdalena Bauchmüller (hier stets als "Marianna y Maggdaläna" vorgestellt) in einem hochkarätig besetzten Finale gegen die besten Frauen-Lateinpaare der Welt in einer atemberaubenden Herzschlagentscheidung auch Weltmeisterinnen geworden wären. Doch hier lagen die Goldmedaillen quasi schon für die beiden bereit, und sie mussten noch nicht einmal ihr bestes Tanzen abrufen, um diese tatsächlich auch umgehängt zu bekommen. Was aber naturgemäß auch schwierig ist, wenn man sich keiner gleichwertigen Konkurrenz ausgesetzt sieht. Nichtsdestotrotz: Der WM-Titel sollte es sein, und der WM-Titel ist es geworden. So einfach ist das.
Was ich als Freund von Ergebnisstatistiken in Bezug auf diesen Equality-WM-Titel ganz besonders faszinierend finde, das ist die Tatsache, dass es sich bei diesem (und gleichfalls dem in der Hauptgruppe Standard der Männer) wohl um den teuersten aller Zeiten handelt, wenn man die bei Gay Games stets horrende Meldegebühr durch die Zahl der vom Paar absolvierten Tänze teilt. Weil es in den drei Tagen von Guadalajara weder einen General Look (der auch nicht nötig gewesen wäre) noch ungewertete Präsentationsrunden gab (für die Zeit genug vorhanden gewesen wäre und welche die Paare bestimt auch gern absolviert hätten) und gewertete Vorrunden schonmal gar nicht (außer einer auf zweifelhafte Weise generierten in der Hauptgruppe Männer A Latein), haben es Marina und Magdalena fertiggebracht, nach einer Anreise um die halbe Welt mit drei Tänzen zur Klasseneinteilung und fünf Finaltänzen (also insgesamt acht Tänzen mit einer Gesamtdauer von ca. 12 Minuten) Weltmeisterinnen zu werden – und damit für jeden (!) dieser acht Tänze etwa 40 Euro Startgeld gezahlt zu haben – pro Person wohlgemerkt.
Wer sich jetzt noch fragt, warum diese Veranstaltung von so wenigen D-, C- und selbst B-Paaren besucht worden ist und warum unter den angetretenen A-Paaren überproportional Doppel- und Mehrfachstarter vertreten waren, dem ist nicht mehr zu helfen.
Immerhin konnten die Frauenturniere der Hauptgruppe und im Showdance stattfinden. Im Gegensatz zu denen der Seniorinnen. Seniorinnen Latein hatte jüngst bei der EM in Bern eine Meldezahl so hoch wie lange nicht oder vielleicht noch nie bei einer EM zuvor. Seniorinnen Standard war bei zurückliegenden Deutschen Equality-Meisterschaften schon häufiger die Sektion mit dem zweitgrößten Startfeld. In Guadalajara hingegen totale Fehlanzeige. Auch keines der drei deutschen Paare, die bei der EM das Siegertreppchen zu einer nationalen Angelegenheit gemacht hatten, konnte sich zu einer WM-Teilnahme in Mexiko durchringen.
Aber da war ja auch noch etwas am Abschlusstag, das außerhalb der allfälligen Meldemisere dieser Gay Games-Turniere stand. Männer A Latein, das war immer der große Klassiker bei inoffiziellen und offiziellen Equality-Weltmeisterschaften. Das Turnier der Turniere sozusagen. Das mit dem höchsten Balz- und Reviermarkierungsfaktor auf der Fläche, den größten Jubelstürmen auf den Tribünen, dem größten Spannungsfaktor, dem emotionalsten Drumherum und auf den Medaillenrängen auch meist mit außerordentlich hoher tänzerischer Qualität. Wenn es der WM von Guadalajara auch an vielem fehlte: Hier ließ uns der Gott des Tanzens nicht im Stich. Sechs gemeldete und auch antretende A-Paare sorgten dafür, dass zumindest in diesem einen Turnier echte WM-Stimmung aufkam. Maßgeblich forciert durch die Teilnahme eines mexikanischen Paares mitsamt großer Fangemeinde und nur tangential "erfolgreich" torpediert durch das Unvermögen des Ausrichters, diesem Turnier innerhalb der Turnierabfolge jenen Rang zuzugestehen, den es verdient gehabt hätte.
Es ist aber auch das Turnier, in dem die Trauben für europäische und insbesondere auch deutsche Paare immer besonders hoch hingen und hängen, denn anders als im Standardtanzen der Frauen war und ist Europa hier nicht überlegener Weltmarktführer. Mich dünkt, dass wir das Jahr 2006 schrieben, als es die letzte deutsche Medaille für ein deutsches Männer-Lateinpaar gab. Für 2024 sah es von vornherein ganz gut aus. Aus den USA, Kanada, Mexiko und den Phlllipinen kam je ein Paar und nur Deutschland stellte zwei Paare. Wobei über das Leistungsvermögen der drei nordamerikanischen Paare nur Indizien vorlagen und etwaige Medaillenaussichten für die beiden deutschen Paare schwer einzuschätzen waren.
Als amtierende Vizeeuropameister nach Mexiko angereist, wollten die Deutschen Meister Michael Bartsch und Andy Jekel von Schwarz-Gelb Aachen ungern ohne Medaille nach Deutschland zurückkehren, was sich auf der Tanzfläche leider als deutlich wahrnehmbare Nervosität niederschlug. Zwar hätte man diese Nervosität leicht als völlig unnötig abtun können, weil schnell klar war, dass drei der fünf Konkurrenzpaare definitiv schwächer performten, aber wer hätte dafür seine Hand ins Feuer legen wollen? Es war kein schlechtes Turnier für Michael und Andy, aber um die auf sehr ähnlichem Niveau tanzenden Vertreter des Gastgeberlandes samt Fanblock auf heimischem Boden im Kampf um Silber zu schlagen, hätte es wohl absoluter Bestform bedurft, und selbst dann hätte es vielleicht dennoch nicht gereicht, Ricardo Escobedo und Mario Rangel die Silbermedaillen abzujagen. Letztendlich war es Bronze, und damit die erhoffte erste deutsche WM-Medaille in der Sektion Männer Latein seit 17 Jahren.
Das zweite deutsche Paar, die DM-Dritten Damian Spyrka und Marc Hartung-Knöfler vom TSC Blau-Gold Casino Darmstadt kam in der Einstufung etwas zu schlecht weg. Warum das US-Paar vor ihnen auf Platz Vier gesetzt wurde, erschloss sich mir nicht. Da bot das deutsche Paar doch so einiges mehr an, was die Bezeichnung "lateinamerikanisches Tanzen" verdiente. Aber sei es drum. Wenn es um den vierten und den fünften Platz geht, dann ist das vielleicht kein ganz so großes Drama.
Dass die Goldmedaille auf die Philippinen gehen würde, stand indes außer Frage. Einer der beiden philippinischen Tänzer hatte bereits 2018 WM-Silber gewonnen und der neue Tanzpartner ist nun auch nicht gerade schwächer als der vorhergende. Da lagen Anspruch, Aura und technisches Leistungsvermögen tatsächlich ganz nah beisammen, und so ging denn auch noch eine WM-Medaille nach Asien, wo diese Veranstaltung eigentlich hätte stattfinden sollen, und das auch schon ein ganzes Jahr früher.
Dass der folgende Partner sein Turnier in einem klassischen Lateinkleid absolvierte (ohne dass es sich bei dem Träger um eine trans Person handelt), war für manche Zuschauer keine Überraschung, denn das hatten wir bei der vorhergehenden WM bereits bei philippinischen Teilnehmern in mehrfacher Ausfertigung gesehen. Für die anderen war es ein optischer Aha-Effekt, der möglicherweise nicht allen gefallen haben wird.
Einerseits kennt das Equalitytanzen so gut wie keine Kleiderordnung, und schon gar keine geschlechtsspezifische, so dass diese Kleidung analog zu Frauen in Fräcken absolut in Ordnung geht. Auch die Wertungsrichterinnen und Wertungsrichter sind inzwischen relativ unbeeeindruckt von außergewöhnlichen Turnierkleidungen und unterlassen es meist, diese negativ oder positiv mitzubewerten.
Andererseits wird insbesondere in Deutschland der Ansatz gepflegt, mit dem Equalitytanzen neue, eigenständige Disziplinen des Tanzsports zu etablieren, die sich eben gerade nicht in einer optischen Nachahmung des klassischen gemischtgeschlechtlichen Tanzsports durch gleichgeschlechtliche Paare erschöpfen. Da denkt man sich dann beim Anblick einer WM-Siegerehrung auch schon mal still: "Dafür haben wir nicht gekämpft."
Letztendlich ist es in diesem konkreten Fall wohl einfach eine Frage unterschiedlicher Tanzkultur, und davon abgesehen eine der unproblematischsten Konstellationen, der sich der Equalitytanzsport im Rahmen von Genderangelegenheiten ausgesetzt sieht.
Ich als jemand, der im Jahr 2002 die Gay Games-Standardturniere teilweise in etwas bestritten hat, was man am besten wohl als "Gewand" bezeichnen kann – der "Tagesspiegel" schrieb damals von "Männern in Röcken"-, habe naturgemäß eine gewisse Affinität zu Männern auf der Tanzfläche. Die etwas anderes als lange schwarze Hosen tragen. Wobei man das aber auch nicht alles über einen Kamm scheren darf. Einem A-Klassenpaar billige ich im Prinzip jeden Aufzug zu. Als D-Paar sollte man da besser etwas vorsichtiger sein, um nicht einen ungewollten Effekt zu erzielen. Da wir hier aber gerade über die neuen Weltmeister reden, betrachte ich dieses Thema hiermit hinreichend als erledigt.
Es gab also viel zu gucken und viel zu erleben am letzten Turniertag dieser WM in Mexiko. Gleichzeitig brauchte man aber auch wieder viel Gelassenheit, denn die merkwürdige Abfolge der Turniere und der Siegerehrungen, das Nichtunterscheiden von WM- und Nicht-WM-Turnieren, der Unwillen bzw. das Unvermögen, die drei Tage als Großes Ganzes zu betrachten waren Aspekte auch dieses Tages. Die Hoffnung, dass es reichen würde, vor dem zweiten Tag auf Unzulänglichkeiten hinzuweisen, um sowohl den zweiten als auch den dritten Tag besser zu gestalten als den ersten Tag erfüllte sich leider nicht.
Dazu kommt Grundsätzliches: An Ergebnissen gab und gibt es bis heute nichts außer den Endplatzierungen. Und die noch nicht einmal ohne Fehler. Zu den nicht sportartenspezifischen Einheitsmedaillen der Gay Games gab es trotz der niedrigen Teilnehmerzahlen keine Urkunden oder irgendetwas anderes dazu, was Klasse und Platzierung offiziell dokumentiert hätte und als Andenken an die Reise nach Guadalajara taugen würde.
Dass das Resümee dieser WM für den Sportwart des DVET am Ende trotz allem positiv ist, liegt allein an der überragenden sportlichen Bilanz der deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die sechs DVET-Paare, allesamt von DTV und DVET finanziell unterstützt und dennoch den Großteil der Kosten selbst stemmend, haben bei zwölf Starts insgesamt 11 Medaillen geholt, davon 7 goldfarbene. Damit ist der sportliche "Ertrag" dieser aufregenden Mission bis fast an den Pazifik mehr als erfüllt worden.
Nur hätte man unseren Paaren mehr Spektakel, mehr Lametta und vor allem mehr Konkurrenz gegönnt. Auch dann hätte das deutsche Team angesichts seiner guten WM-Form sehr gute Medaillenchancen gehabt. Zwar wären es am Ende wohl 1-3 Plaketten weniger geworden, aber jede davon hätte auch ehrlich ertanzt werden müssen und nicht nur mehr oder weniger "abgeholt", wie es in Guadalajara leider teilweise der Fall war. Aber wie sagte schon Gertrude Stein? "A gold medal is a gold medal is a gold medal!", oder so ähnlich. Also Deckel drauf. Möge es die numerisch kleinste Equality-Weltmeisterschaft aller Zeiten gewesen sein, die wir da in Mexiko erlebt haben.
Was bleibt nun ohne deutsche Brille übrig von den Tanzturnieren der Gay Games 2023? Auf alle Fälle Positives, was die Hardware angeht. Saal, Fläche, Gestaltung und Wertungsgericht waren WM-würdig. Das Starterfeld qualitativ auch, quantitativ hingegen nicht. Manches in der Durchführung war o.k., aber allzuviel war mangelhaft bis dilettantisch. Dies nun den Gastgebern in Mexiko anzukreiden, würde ich allerdings grob unfair finden. Es war von vornherein klar, dass man vor Ort von Null Expertise in Sachen Durchführung von Equalityturnieren wird ausgehen müssen. Womit die Verantwortung für eine gute WM-Austragung logischerweise auf den Nordamerikaverband NASSPDA übergegangen ist bzw. wäre. So wie eine WM in Athen oder Lissabon automatisch eine ESSDA-Angelegenheit geworden wäre mangels Erfahrung im Austragungsland. Denn beide Kontinentalverbände bilden zusammen jene Papierorganisation namens IFSSDA, die über den Equality-Weltmeisterschaften steht.
Im Vorfeld der WM 2023 hat NASSPDA durchaus einiges getan und geleistet. Die Zusammenstellung des internationalen Wertungsgerichts ist vom Gay Games-erfahrenen NASSPDA-Präsidenten intensiv betreut worden. Sicherlich auch die Austragungsstätte mitsamt Ausstattung. Allein..... während der Turniere war er dann leider nicht vor Ort. Was ich angesichts der zu erwartenden Herausforderungen nicht wirklich nachvollziehen kann. Und wer stattdessen von der NASSPDA anwesend war (u.a. der Vizepräsident) wirkte deutlich überfordert. Das ist beschämend, denn hier hätte die Möglichkeit bestanden, den wenigen, überwiegend von weither und zu hohen Kosten angereisten Tanzpaaren das gute Gefühl zu geben, im Rahmen einer hochklassigen Veranstaltung adäquat präsentiert, also in den Mittelpunkt gestellt zu werden. Doch das blieb aus. Die Beiläufigkeit, mit der die internationalen WM-Teilnehmer im Saal abgespeist wurden und der Kasernenton, mit dem sie hinter den Kulissen herumkommandiert worden sein sollen, machen traurig und dürfen sich bei einer internationalen Meisterschaft im Equalitytanzsport nicht wiederholen.
Besteht nun vielleicht auch ein Zusammenhang mit der offensichtlich bescheidenen Turnierdurchführungskompetenz in Nordamerika und den noch bescheideneren Meldezahlen nordamerikanischer Tanzpaare bei dieser Veranstaltung? Möglich; aber ich weiß es nicht. Denkbar sind auch andere Gründe. US-Paare könnten aus Kostengründen generell gerade wenig reisefreudig sein oder aus Sicherheitsgründen konkret Mexiko meiden. Es könnte sein, dass diese offizielle Equality-WM aus irgendeinem Grund dort wenig gilt, und es besteht auch die Möglichkeit, dass all die Paare, auf die die Europäer in Guadalajara zu treffen hofften, gar nicht (mehr) existieren. Oder es liegt sogar an der Durchführung der WM im Rahmen der Gay Games mit ihren extrem hohen Meldegebühren.
Wie auch immer: Es muss nachgedacht werden, wie es weiter gehen soll mit der Equality-WM, und das auch laut. Nicht unbedingt sofort, denn nach meinem Wissens-, Erfahrungs- und Einschätzungssstand wird man sich keine großen Sorgen machen müssen um eine WM im Rahmen der Gay Games 2026 in Valencia. Aber was dann?
Das Bewerbungsverfahren für die Gay Games 2030 läuft, und eine Vergabe dieser Spiele nach Europa ist eher unwahrscheinlich. Vor dem Hintergrund, was wir seit 2002 an Tanzturnieren bei Weltspielen in Übersee erlebt haben (mit der kurzfristigen Absage der World Outgames 2017 in Miami als traurigem Höhepunkt und den um Schadensbegrenzung bemühten Teil-Gay Games in Guadalajara als letztem und bleibenden Eindruck), kann es eigentlich nur die Schlussfolgerung geben, Equality-Weltmeisterschaften auf absehbare Zeit ausschließlich in Europa durchzuführen. Nur hier ist die Basis für eine ordentliche Teilnehmerzahl gegeben, und offensichtlich besteht auch nur hier die Kompetenz, ein WM-Turnier diesen Ranges durchzuführen. Auch die öffentliche Wahrnehmung wäre in Europa wohl größer.
Dementsprechend wäre die defensive Variante, die Vergabe der Gay Games 2030 abzuwarten, und in dem Moment, da klar wird, dass diese nicht in Europa stattfinden werden, eine Equality-WM in Europa auszuschreiben, am besten für das Jahr 2029. Oder alternativ auch für die Jahre 2028 und 2031, um sich für das Jahr 2034 offenzuhalten, wieder in den Schoß der Gay Games zurückzukehren, ohne eine fünfjährige Lücke davor zu erzeugen.
Ich könnte aber auch verstehen, wenn sich ESSDA und vielleicht auch NASSPDA mit der WM komplett von Gay Games verabschieden wollen würden. Es gäbe ein paar gute Gründe dagegen, aber in der Summe vielleicht sogar mehr dafür. In diesem Fall wäre Valencia 2026 ein Schlusspunkt, und ab 2028 könnte es losgehen mit einer Equality-WM im Vierjahresrhythmus, die (zunächst) stets in Europa stattfindet, erschwingliche Meldegebühren im zweistelligen Bereich aufruft, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gut organisiert sein wird und sich je nach Angebot und Nachfrage entweder ganz eigenständig als Event aufstellt oder Teil einer anderen Tanzsport-, Multisport- oder anderen Großveranstaltung als den Gay Games sein könnte.
Frei nach dem Motto "Lieber gar keine offizielle WM als eine schlechte offizielle WM" könnte man mit Valencia auch ganz Schluss machen mit diesem Kapitel und es in Zukunft für die europäischen Paare bei offiziellen Europameisterschaften und inoffiziellen Weltmeisterschaften (mit wechselnden Durchführungsstandards) im Rahmen von Gay Games belassen. Für die meisten Aktiven würde sich dadurch gar nichts ändern. Aber ich fände es bedauerlich. Wer als weltweit praktizierte seriöse Disziplin wahrgenommen und behandelt werden will, der sollte auch in der Lage sein, dies mit einer gut organisierten und von allen stets ersehnten Weltmeisterschaft alle 3-4 Jahre zu untermauern.