Axel berichtet von einem Turnier, das wahrscheinlich in die Geschichte des Equality-Tanzsports eingehen wird
Freitag, einen Tag vor der geplanten Eröffnungsfeier in Miami: die Outgames sind abgesagt, nur eine handvoll Sportarten werden trotzdem durchgeführt und das Kulturprogramm. Erfahren haben wir das per Mail - einige waren schon vor Ort bzw. im Flieger oder kurz vor dem check-in. Als ich mein Telefon wieder angeschaltet habe nach der Landung in Miami, bekam ich eine SMS von meinem Tanzpartner Thorsten mit der Nachricht. Ich war geschockt, schicke ein paar Zeilen an meine amerikanischen Freunde. Sie bestätigen die Absage und sagen dass sie jetzt auch gar nicht nach Miami kämen. Zweite Enttäuschung, ich hatte mich so darauf gefreut sie alle wiederzusehen. Eddie käme nicht, Michael auch nicht ...Wie das alles kam weiß noch keiner so recht, was mag sich hinter den "financial challenges" verbergen, wie es offiziell genannt wird?
Wie kann man daraus noch etwas machen? Eine Woche Ferien? Wo hin fahren? Also am liebsten würde ich das Turnier tanzen. Lee Fox vom Western Country und NASSPDA sagt mir, sie hätten das Country Turnier mittels einer kräftigen Finanzspritze retten können und haben jetzt auch eine Musikanlage, Parkett, Lichtsystem … alle Tänzer könnten auch gerne an den Social Events teilnehmen und Montags wäre der Saal frei. Hoffnung. Der Country Verein hat auch alles erst Freitag erfahren und im Hau-Ruck-Verfahren Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt damit die Lieferanten trotzdem kommen und das Hotel den Saal zur Verfügung stellt.
Die News der abgesagten Spiele machen die Runde auf Facebook. ESSDA ist aktiv, Davy Brocatus kommt nach Miami und landet Samstag Nachmittag. Vielleicht ist ja was machbar. Das wäre toll. Auf Lee's Zusage kann man sich verlassen, ich kenne ihn und er ist ein Freund. Wenigstens hätten wir schon mal Montag den Saal. Aber alle Tänzer sind noch nicht angereist bzw. einige haben ihren Flug erst am Montag.
Am Samstag improvisiert man spontan ein ESSDA/NASSPDA-Treffen in kleiner Runde in der Doubletree Hotel Lounge. Davy ist da, Benjamin Soencksen ist da. Man diskutiert die Optionen. Davy und ich haben den Eindruck unsere amerikanischen Freunde haben das Handtuch geworfen. Aber sie wollen uns helfen. Und wir wollen ein Turnier! So viele Paare sind schon unterwegs. Wo es für die Amerikaner leicht war das Flugticket in letzter Minute zu stornieren, ist das bei europäischen Flügen eine andere Geschichte. So, also Montag der Saal, da könnte man wenigstens ein Social Event machen, vormittags Training. Am besten wäre dann noch ein oder zwei Tage ein richtiges Turnier. Welche Paare kommen denn? Wieviele Wertungsrichter sind da? Wer könnte aushelfen? Was sagt das Hotel? Licht? Sound? Eines nach dem anderen. Gute Neuigkeiten: drei Wertungsrichter haben wir schon. Und dann kommt Eddie doch und kann werten. Armin Lohrmann ist auch da und kann werten. Armanda die Skrutineer hat uns auch mitgeteilt sie käme, ihre Tickets hätte sie eh. Zwar kürzer als geplant, aber kommt. Alle sind bereit ehrenamtlich zu helfen.
Und dann das Verhandeln: es braucht doch Geld. Es wäre überall nicht genug. Aber woher nehmen? 30.000 Dollar haben die Country Leute schon reingebuttert. Aus Vereinsrücklagen. Nach mehreren Runden Verhandlungen mit den Lieferanten und dem Hotel kommen wir auf einen möglichen zusätzlichen Tag am Dienstag. Es braucht rund 4.000 Dollar mehr für den Hotelsaal und das Licht, die uns die NASSDPA großartigerweise zuschießt.
Musik hat Tania Dimitrova angeboten, sie bringt ihren Computer mit und legt auch auf, nur nicht wenn sie selbst tanzt - da springt die DJne vom Country ein und Michael Kongso macht über Nacht noch schnell 20 Titel für die Endrunde fertig und schickt sie per Dropbox über den Atlantik!
Das Turnier kann beginnen. So rund 30 Paare am Start, wenn ich mich recht erinnere. Es gibt auch Showtanz und eine Gala am Abend mit den A Endrunden. Es ist toll, so viele helfende Hände damit das Turnier stattfinden kann! Die Stimmung im Saal ist großartig. Jemand hat Snacks für die Tänzer mitgebracht. Petra und Caroline bringen Kaffee, Sergey kann zwar nicht mittanzen, sponsert aber Rosen für alle Tänzer (Medaillen gab es keine). Sören und Bradley haben Cupcakes für alle Helfer gekauft. Ein toller Dienstag der vielleicht mal in die Tanzgeschichte eingeht mit einem „Pop-up Turnier“, wie der Master of Ceremony so trefflich gesagt hat.
Aufgrund der offiziellen Absage der Outgames wurde das Turnier nicht als WM durchgeführt. Erfolge für deutsche Paare gab es aber durchaus. Bei den Frauen Standard kamen Caroline Privou & Petra Zimmermann und auf den ersten Platz und Tania & Ines Dimitrova auf den zweiten. Bei den Männern Standard darf sich der erste Platz zwischen Deutschland, Frankreich und Großbritannien geteilt werden, da hier Axel Zischka & Thorsten Dreyer gewannen. Die Lateinturniere fanden leider ohne deutsche Beteiligung statt.
Text: Axel Zischka
Facebook-Fotoalbum von Horace Luong
Axel & Thorsten, Platz 1 Männer Standard Leute, die dieses Turnier spontan möglich gemacht haben Das "Leben der Tänzer nach dem Tanzen"